„Ein Gedenktag
ohne Gedenken“
Am 6.
Juni 1944, um 5.30 Uhr stürmte eine Vereinigung von Amerikanern, Kanadiern
und Briten die Küste der Normandie. D-Day
– der Tag der Entscheidung. Es war die größte Invasionsarmee der Geschichte,
bestehend aus 4126 Kriegsschiffen
mit über 100.000 Soldaten an Bord.
Die zweite Front im Westen wird
eröffnet, viele tausend Tote fordert der Angriff, der ausgeführt wird, um Europa vom NS-Terrorregime zu befreien. Während Rommel zu Hause
den Geburtstag seiner Frau feiert, liefern sich Deutsche und Invasoren einen
erbitterten Kampf. Der Erfolg der Invasion sollte das Ende des 2. Weltkrieges
einleiten. Ein bedeutender historischer Moment.
Oder
etwa nicht?
Gestern zumindest hatte man nicht den Eindruck. Die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des D-Day fanden wie gewohnt
in der Normandie statt. Viele Staatschefs und bedeutende Persönlichkeiten waren
eingeladen, darunter Angela Merkel, Barack Obama, Queen Elizabeth II. und…
Vladimir Putin. Dem gebührte alle
Aufmerksamkeit.
Die Feierlichkeiten
an sich wurden dem Anlass entsprechend ausgerichtet. Die verbliebenen Kriegsveteranen der Alliierten wurden
eingeladen, Obama schüttelte ihnen auf gewohnt brüderliche Weise die Hand.
Künstler stellten die Szenen der Invasion nach. Nur hat man davon nicht viel
gesehen. Im Fernsehen gab es kaum Programm zum Ereignis. Auf N24 liefen Eilmeldungen durchs Bild,
die Gespräche zwischen Putin und Merkel, sowie Putin und Obama betrafen und nur
diese. Zunächst war ich einigermaßen beruhigt, als ich feststellte, dass auf N-TV ein News Special angekündigt wurde, der Umschalter gab der Sendung 30
Minuten, gedauert hat sie etwa fünf(!), auch hier Putin als großer Mittelpunkt
des Geschehens.
Das politische Weltgeschehen ist
wichtig. Und es ist völlig verständlich und auch wünschenswert, dass sich
Politiker und insbesondere Staatschefs
persönlich verständigen, wann immer die Umstände es ihnen erlauben. Aber
muss eine solche Verständigung auf solche Weise zentralisiert werden? Auf eine
Weise, hinter der alles andere in Vergessenheit zu geraten scheint?
Wir alle bezahlen GEZ-Gebühren für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Gerade
ein solches Ereignis hätte bei einem öffentlichen Sender laufen müssen. Einen Freund habe ich gefragt,
ob er irgendwas im Fernsehen gesehen hätte und er hatte überhaupt nichts mitbekommen.
Arte ist der einzige Sender, der mit
„Die Befreiung“ zumindest eine umfassende Dokumentation
zum Thema gezeigt hat.
So viel oder wenig wert
man dem Gedenken an den D-Day auch
beimessen mag, so wichtig ist er doch in der historischen Betrachtung. Wir sind
in der Geschichtsforschung auf Zeitzeugen
angewiesen, sie haben zudem einen hohen gesellschaftskulturellen Wert. Die
angereisten Veteranen sind über 90,
es war also das letzte Jubiläum mit Menschen, die tatsächlich dabei gewesen
sind. Schade, dass dem so wenig Wert
beigemessen wurde. Da sind Sendungen wie „Verbotene Liebe“ und „Soko
Kitzbühel“ natürlich wichtiger.
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