Sonntag, 25. Mai 2014

Filmkritik: X-Men: Days Of Future Past

„Der beste X-Men aller Zeiten! – im wahrsten Sinne des Wortes“

Am Donnerstag, den 22. Mai startete in Deutschland der siebte Teil der X-Men-Filmreihe: Days of Future Past. Oder wie er etwas umständlich ins Deutsche übersetzt wurde: Zukunft ist Vergangenheit.


Nach den sehr guten Vorgängern, die sich ausnahmslos in meinem DVD-Regal befinden, und insbesondere nach der Abschlussszene des neuen Wolverine war ich besonders heiß auf die Fortsetzung. Der erste offizielle Trailer gab mir dann den Rest. Die Bilder, die Worte und die Musik dazu – Gänsehaut pur. Zu diesem Zeitpunkt keimte in mir der Gedanke: Das wird der beste X-Men aller Zeiten!

Direkt bei Kinostart saß ich dann mit einem Gefühl wie am Weihnachtsmorgen und Geburtstag zugleich im Thega.
Die Story verbindet zwei Zeitlinien der X-Men Film-Reihe, hier kurz die chronologische Reihenfolge der Filme:

X-Men: First Class
X-Men: Days of Future Past
X-Men Origins: Wolverine
X-Men
X-Men 2
X-Men: Der letzte Widerstand
Wolverine: Weg des Kriegers
X-Men: Days of Future Past

Dieser Umstand brachte die Möglichkeit, sowohl die Stars der Vergangenheit als auch die der Zukunft in den Film zu bringen. Gleichzeitig wird so eine komplexe Story geschaffen:
In der Zukunft sind alle Bemühungen der X-Men gescheitert, Frieden zwischen den Mutanten und den Menschen zu wahren. Stattdessen ist ein Schreckensszenario entstanden, das aus mörderischen Robotern, genannt „Sentinels“ (selten etwas so Unheimliches erlebt), besteht, die sowohl Mutanten als auch die Menschen, die ihnen helfen, auf der ganzen Welt erbarmungslos jagen und töten. In dieser Zukunft haben nur wenige X-Men überlebt und sich verbündet, um mit Kittys Hilfe die Zukunft zu ändern, indem sie Wolverine in die Vergangenheit schicken, bzw. sein Bewusstsein in sein jüngeres Ich exportieren. Denn Ursache des Ganzen war die Ermordung des Erfinders der Sentinels durch Mystique, was den Beginn des Programms überhaupt erst begünstigte. Zudem wurde sie gefasst und die Sentinels mit ihrer DNS ausgestattet, wodurch sie die Fähigkeiten ihrer Opfer nachahmen und gegen sie verwenden können. So viel zur Ausgangslage, wobei ich den weiteren Handlungsverlauf und den Ausgang der Geschichte bewusst verschweigen werde, um nicht zu spoilern.

Im Thega vor dem Kinoplakat kurz vor Beginn des Films.
Obwohl es Wolverine ist, der als aktiver Part in die Vergangenheit zurückkehrt und von dessen Überzeugungsgabe alles abhängt, hat er eher eine Art Vermittlerrolle. Er ist definitiv einer der Protagonisten, spielt aber im Vergleich zu anderen Charakteren eher eine nebengeordnete Rolle. Dabei ist er cool wie eh und je, schafft es wie immer eine sinnvolle Mischung aus Ernst und Humor in den Film zu bringen.
Im Zentrum des Films steht aber die Dreiecksbeziehung von Charles, Erik und Raven. Das interessante dabei ist das jeweilige Entwicklungsstadium der Beziehungen. Wobei Raven in der Zukunft aus bekannten Gründen keine Rolle mehr spielt und es dort vorwiegend um die Freundschaft der beiden alten Männer geht, deren Beziehung hauptsächlich von Verzeihen und Reue getragen wird. Ganz anders in der Vergangenheit, in der Wolverine die schwierige Aufgabe hat, die verfeindeten Männer zusammen zu bringen, damit sie Mystique gemeinsam von ihrem zerstörerischen Pfad abbringen können.

Dabei ist ein wichtiger Moment des Films, das Charles seine Kräfte verloren hat, was die Tatsache erklärt, warum er nicht schlicht und einfach jeden kontrolliert, der zur Erschaffung der Sentinels beitragen könnte. Mir persönlich hat der gebrochene Charles sehr gut gefallen – sowohl charakterlich, da er an Tiefe gewinnt, als auch optisch, die langen Haare und das herbe Erscheinungsbild geben ihm die Männlichkeit, die ihm bei seinem ersten Auftritt als junger Mann fehlten. Alles hängt davon ab, ihm seine Hoffnung zurück zu geben, damit er weiter für Raven und die Zukunft kämpft.
Die wird erneut überzeugend von der Oscarpreisträgerin Jennifer Lawrence verkörpert. Ihre Motive sind zu jedem Zeitpunkt nachzuvollziehen und sie ist emotionaler gespielt als je zuvor. War sie in den älteren Filmen noch „nur“ eine coole Kämpferin, ist sie durch die Neubesetzung zudem menschlicher geworden. „Days of Future Past“ zeigt nun die Zwischenstufe: Bereits eine geschickte Kämpferin, aber noch nicht völlig ohne Mitgefühl. Im Gegenteil: ihre Trauer und ihr Schmerz sind es, die sie leiten.
Selbiges gilt für Eric alias Magneto, dessen Motive ebenfalls nachzuvollziehen sind, selbst bei den Handlungen, die beim Zuschauer ansonsten eher weniger Unterstützung haben sollten. Für ihn steht der Schutz der Mutanten-Gemeinde an oberster Stelle und ihm ist jedes Mittel Recht, diesen zu gewährleisten.

Der Film überzeugt durchgehend. Das fängt schon bei der actionreichen Anfangsszene an und der darauf folgenden Sequenz, die sehr stark an bekannte Holocaust-Bilder erinnert. Dazu dann die Stimme von Professor X und eine beklemmende Musik und schon in den ersten Minuten erfolgt die erste Gänsehaut. Von denen gibt es im Film für den empathischen Zuschauer viele. Ob Mystiques Tränen oder verschiedene Verluste, es gibt so einiges, das berührt. Hinzu kommt eine ausreichende Menge an Action, Bombast (die Brückenszene aus Teil 3 wird noch einmal überboten), Humor und verschiedene Emotionen wie Liebe, Hass und Freundschaft. Besonders auf letzteres wird viel Wert gelegt. Der Zusammenhalt der Charaktere untereinander spielt eine sehr große Rolle, da wird unter Einsatz des eigenen Lebens mit und für die anderen gekämpft. Dies wird vor allem beim finalen Kampf in der Zukunft deutlich. Nach wie vor mit im Bunde sind z.B. Professor X, Magneto, Wolverine und Storm (die für mich persönlich ein bisschen kurz kommt, aber eine unglaubliche Szene hat), sowie Kitty und Bobby, die sich meiner Meinung nach noch einmal positiv weiterentwickelt haben und zu jungen Erwachsenen geworden sind, die einen erheblichen Teil zum Ganzen beitragen und deren Kräfte ebenfalls gewachsen sind (Iceman kann endlich surfen). Hinzu kommen neue Mutanten wie Bishop und Blink, wobei insbesondere die Mutation der letzteren besonders interessant zu beobachten ist.  

Außenfassade des Thega Hildesheim.
In der Vergangenheit ist Quick Silver als Neuling mit dabei und sorgt für eine der Bildästhetisch interessantesten Szenen des Films und auch ansonsten für viel frischen Wind. Auf der dunklen Seite der Macht ist Bolivar Trask neu dabei, wobei seine Rolle mir die Erkenntnis brachte, dass ich Peter Dinklage trotz seiner Rolle als Tyrion Lannister abgrundtief hassen kann.
Doch auch alte Freunde haben ihren Auftritt:  Beast ist wieder mit von der Partie und einer der Indikatoren für den enthaltenen Humor. Zudem hat Havok einen kurzen Gastauftritt und auch sonst verlaufen keine Handlungsstränge ins Leere, man erfährt, was aus allen geworden ist.

Die Logik wird insgesamt hochgehalten. Sieht man mal von der prinzipiellen Zeitreiseproblematik ab, entstehen innerhalb der Filmreihe keine Logik-Fehler, es widerspricht sich so gut wie nichts. Kleinere Ausnahmen bestätigen die Regel.
Das Ende, das an dieser Stelle selbstverständlich nicht verraten wird, war für mich schon vor Beginn des Films ersichtlich. Das halte ich aber ebenfalls nicht für einen Nachteil.

Bryan Singer hat mit „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ erneut sehr gute Arbeit geleistet und nochmal eine Schippe draufgelegt. Es ist ein Film über Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung, über Angst und Vorurteile geworden, aber auch über die Hoffnung, diese Probleme zu überwinden. Trotzdem bleibt es ein Superheldenfilm mit viel Action und geilen Superkräften, der in seiner Gesamtheit überzeugt (sowohl die fesselnde Story als auch die durchwegs sehr guten Schauspieler) und sich sehr gut mit weiteren starken Neuerscheinungen von Marvel wie „The Return of the First Avenger“, „The Amazing Spider-man 2“ und aus dem Hause DC „Man of Steel“ messen kann.


Insgesamt also sehenswert für alle, die auf Superhero-Movies stehen, von Fans der X-Men-Reihe ganz zu schweigen! Aber aufgrund der politischen Thematik eben auch für solche, die sonst vielleicht keine Genre-Freunde sind. Um es mit einem sehr passenden Wort auszudrücken: der Film war phänomenal!

(Der geniale Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=X017ltJRrcg)


Bewertung: 14/15 Sehr gut!



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